105 I Ausstellung vom 25. Januar bis 17. März 2023

»Countdown« | Reinhard Sandner

„Wenn ich male, halte ich Dinge fest und versuche, die Räume zwischen den Dingen zu berücksichtigen, die eigentlich das Spannende an einem Bild sind. Löcher in die Luft gucken – das ist das Abenteuer und mein eigentliches Anliegen hinter die Oberfläche zu gelangen. Gäbe es z.B. in der Musik keine diversen Pausen, wäre die stetige Abfolge von Tönen schal. Es ist wie Geisterzauber – die Zwischenräume.“
Reinhard Sandner (Gedankenaustausch mit dem Kunstkritiker Heinz Weißflog)

„… Sandner [sucht] heute nicht mehr nach der Infragestellung herkömmlicher Auffassung von Malerei, sondern definiert sich. Sandner langte als einer der ersten unter den Dresdnern der achtziger Jahre zu, einen gezielten Pinselschlag auszuteilen. Bei aller Eigenwilligkeit hatte diese Strategie Methode und verriet Orientierung an lokalen Entwicklungslinien.“
Christoph Tannert (im Katalog „Junge Malerei der 80er Jahre“, Kunstmuseum Solothurn, 1989)

“… Entsprechend lässt Sandner, jedenfalls am Beginn des Arbeitsprozesses, Zufälle zu. Die Kompositionsfindung und ihre erste Anlage sind einem Pingpong-Spiel vergleichbar, einer intensiven Zwiesprache mit dem Bild. Im nächsten Schritt erst stellen sich beim Maler Assoziationen ein, er lenkt und koordiniert die weitere Ausformung der Komposition, häufig inspiriert vom Klang bestimmter Wörter, von Dialekten, Lyrik und Musik, worauf auch Bildtitel wie „Katteker“ (Eichhörnchen), „De Peremett“ (Die Pyramide), „Slüzzelîn“ oder „Ruschelswing“ verweisen.“
Teresa Ende (aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung „Die Murmel ist weg“, Galerie Adlergasse, Dresden 2017)

“… Seine Leinwandarbeiten sind voller offener Andeutungen und verborgener Geheimnisse: sinnlich, archaisch, versponnen, intuitiv. Sandners Acrylbilder stehen immer wieder im Kontext zu musikalischen Themen. Sie erscheinen als malerische Erhebungen von Klängen – im Sinne von Arabesken, fließenden Strukturen, beiläufigen Kritzeleien. Der Reichtum seiner Arbeiten liegt in ihrer großen inneren Freiheit, farblichen Ausgewogenheit und kompositorischen Dichte. Es dominiert ein kraftvoller Impuls, der expansiv ist, der Weite atmet.”
Stefan Voigt (zur Ausstellung „Die Murmel ist weg“, Galerie Adlergasse, Dresden 2017)

„… Das verweist auf Sandners tiefsten Ursprung: Dass die Dinge wieder zusammenkommen müssen, die zusammengehören. Vor allem aber, dass die Fremdheit des Lebens in dieser Welt beginnt aufzuhören, wenn wir zur Kindheit, unseren Wurzeln hinabsteigen.“
Heinz Weißflog

Reinhard Sandner, 2019, by Sven Mahr

Vita:

1951 in Bockwitz/Niederlausitz (heute Lauchhammer) geboren

ab 1970 Schulabschluss, Facharbeiter (Elektromonteur)
Abbruch eines Studiums Kunsterziehung/Deutsch
Arbeit als Ankerspulenwickler im Sachsenwerk Dresden

ab 1974 Abendkurse Malen/Zeichnen
Arbeit als Betriebselektriker im Kühlhaus Dresden
Arbeit als Friedhofsgärtner
Mentorenschaft von E. Göschel und P. Herrmann

ab 1977 Studium Malerei/Grafik bei Gerhard Kettner und S. Klotz in Dresden
Reger Kontakt mit A.R. Penck, Peter Herrmann, Eberhard Göschel
Beteiligung an der desperaten „Türen-Ausstellung“ im Leonardi-Museum

1979 Abbruch des Kunststudiums (ideologische Gründe)
Weiterarbeit und Bildung als Autodidakt
Einbeziehung von Sprache und Fotografie in die schöpferische Arbeit

ab 1980 Mitbegründer der Klangbildgruppe SARDH
Beginn der Zusammenarbeit mit der Obergrabenpresse

ab 1990 Kunstarbeit im Landtag des Saarlandes
Mitarbeit am Projekt „shuttle“ (Dresden/Kalkutta)
Premiere des Films „Rauchzeichen“ (Mitautor Lothar Sprenger) in der Schauburg Dresden
Atelier im Künstlerhaus Dresden
Nominierung für den Hans Theo Richter-Preis
Zäsur durch den Tod der Lebensgefährtin Tina G.
Mitwirkung an kunstpolitisch relevanten Ausstellungen im Gropius-Bau „ohne uns“, Dresden, Knappenrode und Museum für Bildende Kunst leipzig

von 1984 – 2019 Reisen nach Moskau (Wladimir-Susdal), Rumänien, Tschechoslowakei, Ungarn, Bulgarien, Schweiz, Italien, Niederlande, Belgien